Degustation 7. Januar 2005: ALTE gegen NEUE Welt

 

Am 7. Januar 2005 fand unsere zweite private Weinprobe statt, diesmal mit sechs Rotweinen aus Europa und Übersee. Die Weine stammten von verschiedenen Weinhändlern. Einer war direkt aus Südfrankreich mitgebracht worden. Die Teilnehmer wie bereits 2003 keine Profis, sondern Weinliebhaber (vier Ehepaare) mit unterschiedlicher Vorerfahrung.

 

Alle Weine wurden blind verkostet. Die Reihenfolge war zufällig, damit auch der Organisator mitraten konnte. Alle Weine waren eineinhalb Stunden vor Beginn entkorkt worden und wurden in der unten stehenden Reihenfolge probiert.

 

Hier folgen die schriftlich festgehaltenen Kommentar der Teilnehmer:

 

 

Farbe

Bouquet

Charakter

Abgang

Wein 1:

Finca de la Montana

Cabernet Sauvignon 1999

Mendoza Argentinien, 6,90 €

Rot bis violett,

erdigrot

Blumig, fruchtig, honigsüß, „gemacht“,

aufgemotzt, zwiespältig

 

Ausgewogen,

rund, weich,

gefällig,

wenig Gerbsäure

Wohl nachklingend,

gewisse Schärfe

auf der Zunge, leicht bitter am Ende

Wein 2:

Chateau Toumentine
Bergerac
2001

AOC Bergerac

Frankreich, 5,20 €

Fast wie 1, rubinrot bis violett,

kirschrot

herb, dunkle Beeren, herbstliche Note

Schwarze Johannisbeeren

konstant,

ehrlich, einfach

Anhaltend herb, konsequent, kein Geschmacks-wechsel

Wein 3:

Fitou Le Maritime

2000

AOC Fitou

Frankreich, 7,65 €

Dunkelrot

Kräftige Bitternote, Barrique, parfümig

pfeffrig, dennoch ausgewogen,

voll, ambivalent

Schärfe, nachhaltig

Wein 4:

Villa Antinori

Toscana 2001

Indicazione geografica tipica

Italien, 13,90 €

 

Dunkelviolett,

dunkelrot

Fruchtig, süßer, sirupartig

vielschichtig,

gehaltvoll, likörig, herb, ausgewogene Säure, schwer,

Südfranzose

Nachhaltiger herber Nachklang,

gut

Wein 5:

Penfolds Winemaker’s Selection

Shiraz Cabernet

2001

Australien, 9,80 €

Purpur,

tiefrot

 

 

Fruchtig, rund,

schwere Frucht, Kirsche, Josta-Beeren, Pflaume

Weich, reif, schwer, charaktervoll, süffig

Weich, rund, ohne Schärfe,

gut, „Wein für die Bettkante“

Wein 6:

Aroma Pimiento Cabernet 2003

Colchagua Valley

Chile, 5,90 €

Sattes Rot, dunkelrot

Eindimensional,

zu fruchtig, billig

Herb, schwer,  aufdringlich, parfümiert

Etwas unangenehmer Nachklang, tanninig

 

Bemerkenswert war, dass die Unterschiede zwischen Weinen aus Europa und Übersee fast einheitlich erkannt wurden. Der sehr eigene Fitou aus dem Eichenfass („Eleve en fut de chene“) wurde allerdings Südafrika zugeschrieben. Der Penfold’s wäre fast als Europäer durchgegangen (aber mit Fragezeichen). Dieser „Wein für die Bettkante“ (davor oder danach?) gefiel recht gut. Er war nicht so auf Effekt getrimmt, wie der zwei Jahre zuvor verkostete „Private Bin“ des gleichen Produzenten. Als Begleiter zum Essen erschien er allerdings wegen des intensiven Eigenaromas weniger passend. Ebenfalls ein intensives, fast zu aufdringliches Aroma hatte der als erster verkostete Argentinier Finca de la Montana. Er wurde deswegen auch etwas zwiespältig beurteilt. Insgesamt dennoch kein schlechter Eindruck. Der dritte Übersee-Wein aus Chile stand leider am Schluss im Schatten der prächtigen Vorgänger. Einige Teilnehmer hatten diesen Wein von „Jaque’s Weindepot“ bereits vorher getrunken und waren sich nicht einig, ob Ihnen der diesjährige Jahrgang besser schmecke als der vorherige oder weniger gut. Von den Europäern gefiel vor allem der Bergerac wegen seines typischen Charakters, so wie man halt Frankreich kennt. „Vive la France!“ war einer der Kommentare. Der Fitou war der eigenwilligste Wein von den probierten. Sein intensiver Eichenton konnte allerdings die meisten Teilnehmer nicht überzeugen. Der Villa Antinori Toscana war beeindruckend komplex. Im gesamten Spektrum der allesamt fehlerlosen Weine wurde er allerdings nicht als besonders herausragend beurteilt, wie man es angesichts des Namens und des Preises vielleicht erwartet hätte.

 

Etiketten aller Weine

 

 

Eine Gesamturteil aus den unterschiedlichen Eindrücken ist schwer zu treffen. Als eigentlicher Geschmacksfavorit erwies sich die Gulaschsuppe, die es selbstverständlich erst nach der Probierrunde gab. Das Rezept von Joachims Oma sei hier mitgeteilt: 1 kg Rindfleisch in Würfel schneiden und portionsweise mit Schmalz oder Pflanzenfett bei großer Hitze anbraten. 1 kg grob gehackte Zwiebeln dazu und mit Fleischbrühe (Fertigprodukt) ablöschen. Das Entscheidende ist das Paprika: das Pulver muss edelsüß sein und sehr reichlich (2 – 3 Essl.) zugegeben werden, damit alles eine schöne Farbe und den typischen Geschmack bekommt. Weiter etwas Kümmel (1/2 Teel.), Salz und ein wenig Tomatenmark zufügen und alles ca. 2 Std. schmoren. Ggf. weitere Flüssigkeit hinzufügen. Soll das Gulasch (als Suppe) stärker gebunden sein, gibt man nach dem Anbraten des Fleischs 2 Essl. Mehl in den Bratensatz (zusammen mit etwas Fett) und lässt dieses noch leicht Farbe annehmen. 

 

Auch danach überzeugten noch alle Weine auf ihre Weise. Einige wiesen einen sehr eigenen Charakter auf (Bergerac, Fitou, der Cabernet aus Chile). Die Vorlieben für den einen oder anderen sind aber sicher Geschmackssache, wobei die Favoriten zwei Europäer  waren (Bergerac, Toskana). Für 5 bis 10 Euro kann man ordentliche Qualität erwarten. Dies wurde auch bestätigt, wobei die preislichen Unterschiede in diesem Bereich keine Quantensprünge beinhalten. Eher ist der Preis abhängig von Produktionsbedingungen und –mengen, gewiss auch vom Prestige und dem Bekanntheitsgrad. Es bleibt durchaus berechtigt, den Empfehlungen des Weinhändlers von nebenan zu vertrauen.

 

Stefan Bilger; veröffentlicht unter: http://www.bilger-dossenheim.de